Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV), das am 1. Januar 2025 in Kraft tritt, kommen bedeutende Veränderungen für Immobilienverwalter. Ziel ist es, administrative Prozesse zu reduzieren und Unternehmen sowie Selbstständigen eine spürbare Entlastung im täglichen Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Insbesondere in Zeiten von Personalknappheit bieten die Neuerungen ein großes Potenzial zur Ressourcenschonung und Effizienzsteigerung. Auch steuerliche und arbeitsrechtliche Vorschriften werden vereinfacht, was den Verwaltungskräften in der Immobilienbranche zugutekommt.
Hintergrund und Ziele des Gesetzes
Das BEG IV ist ein Vorstoß der Bundesregierung, um Bürokratie in Deutschland abzubauen und das wirtschaftliche Umfeld für Selbstständige und Unternehmen attraktiver zu gestalten. Nach Angaben der Regierung ist durch das Gesetz eine jährliche finanzielle Entlastung von rund 944 Millionen Euro zu erwarten. Die Entlastung soll nicht nur administrativen Aufwand, sondern auch finanzielle und zeitliche Ressourcen schonen, was in der heutigen Wirtschaftslage von großem Nutzen ist.
Das Gesetz vereinfacht Prozesse in verschiedenen Bereichen, unter anderem durch:
Verkürzte Aufbewahrungsfristen für steuerliche und handelsrechtliche Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre,
Wegfall der Pflicht, Mietern auf Verlangen Papierbelege bei der Betriebskostenabrechnung zur Verfügung zu stellen, was die Digitalisierung in der Immobilienverwaltung fördert.
Arbeitsrechtliche Änderungen für Immobilienverwalter und Immobilienmakler
Erleichterte Nachweispflichten: Das BEG IV bringt wichtige Änderungen im Arbeitsrecht, die auch für Immobilienverwalter und Immobilienmakler von Bedeutung sind, die Angestellte beschäftigen. Seit 2022 wurde das Nachweisgesetz verschärft, was zu erweiterten Dokumentationspflichten für Arbeitgeber führte. Das BEG IV vereinfacht nun die Formvorgaben und erlaubt, dass Arbeitsverträge statt in Schriftform künftig in Textform abgeschlossen werden dürfen. Dies bedeutet, dass Verträge per E-Mail oder anderen elektronischen Kommunikationsmitteln rechtssicher geschlossen werden können, solange die Dokumente für den Arbeitnehmer zugänglich, speicherbar und ausdruckbar sind. Für Arbeitgeber entfällt damit der bisher erforderliche Aufwand, Dokumente physisch zu unterzeichnen und aufzubewahren.
Elektronische Arbeitsverträge und Zeugnisse: Nach der neuen Regelung können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer anweisen, die Niederschrift des Arbeitsvertrags in Textform entgegenzunehmen und den Empfang zu bestätigen. Auch Zeugnisse dürfen nun digital erstellt und übermittelt werden. Für viele Immobilienverwalter bedeutet dies eine deutliche Entlastung, da Prozesse wie Dokumentation und Verwaltung des Schriftverkehrs schlanker und effizienter gestaltet werden können.
Ausnahme für einige Branchen: Es bleibt zu beachten, dass bestimmte Wirtschaftsbereiche weiterhin an der Schriftform festhalten müssen, etwa das Baugewerbe. In diesen Branchen wird die schriftliche Dokumentation als Schutzmaßnahme für Arbeitnehmer betrachtet, sodass auf die Textform nicht vollständig umgestellt werden kann.
Regelungen für Befristete Arbeitsverhältnisse mit Rentnern
In der Immobilienbranche, in der viele ältere Mitarbeiter beschäftigt sind, ist die Befristung von Arbeitsverträgen ein häufiger Fall. Das BEG IV bringt hier eine Neuerung: Für Arbeitsverträge, die speziell für die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze befristet sind, genügt in Zukunft die Textform. Bislang galten diese Altersgrenzenvereinbarungen als befristete Arbeitsverträge und unterlagen daher der Schriftform, die oft als aufwendig und unpraktisch empfunden wurde. Nun kann eine entsprechende Vereinbarung digital oder per E-Mail getroffen werden. Für andere Arten der Befristung bleibt jedoch die Schriftform erforderlich, um den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Mietrechtliche Neuerungen und deren Einfluss auf die Praxis
Widerspruchsrechte für Mieter bei Kündigungen in Textform: Das BEG IV bringt auch im Mietrecht wesentliche Änderungen. Zukünftig können Mieter bei besonderen Härtefällen der Kündigung eines Mietvertrags in Textform widersprechen, etwa per E-Mail oder Brief ohne Unterschrift. Dies vereinfacht den Prozess und gibt Mietern eine weitere Möglichkeit, ihre Rechte wahrzunehmen.
Abschluss von Gewerbemietverträgen: Für Gewerbemietverträge gelten ebenfalls Änderungen. Bislang war die Schriftform zwingend vorgeschrieben, wenn Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr abgeschlossen wurden. Dies führte oft dazu, dass Mietverträge zunächst in Papierform erstellt, unterschrieben und anschließend wieder digitalisiert wurden, was weder praktisch noch effizient war. Nun dürfen Verträge, die für länger als ein Jahr geschlossen werden, in Textform abgeschlossen werden. So entfallen persönliche Treffen zur Unterzeichnung und der Postversand. In der Praxis stellt dies eine deutliche Vereinfachung dar, da Gewerbemietverträge ohnehin meist digital verfügbar sind und das Vertragsverfahren beschleunigt wird.
Bedeutung der Neuregelung für Immobilienverkäufe: Für Immobilienmakler bleiben jedoch die Regelungen des § 550 BGB weiterhin relevant, denn für den Kauf von vermieteten Immobilien muss das Schriftformerfordernis weiterhin beachtet werden. Bei neuen oder angepassten langfristigen Mietverträgen gilt dann jedoch nur noch die Textform. § 550 BGB bleibt also von Bedeutung, um den rechtlichen Schutz beim Kauf von Immobilien mit bestehenden Mietverhältnissen sicherzustellen.
Digitalisierung der Betriebskostenabrechnung
Eine lang ersehnte Entlastung betrifft die Betriebskostenabrechnung. Vermieter haben künftig die Möglichkeit, sämtliche Belege, die der Abrechnung zugrunde liegen, in digitaler Form bereitzustellen, ohne dass sie den Mietern auf Wunsch Papierbelege zeigen müssen. Laut § 556 Abs. 4 BGB können Vermieter entweder Originalbelege oder elektronische Dokumente zur Verfügung stellen. Selbst bei papierlosen Büros ist es möglich, Mietern den Zugang zu digitalen Belegen zu ermöglichen. Diese Regelung stärkt den digitalen Fortschritt in der Immobilienverwaltung und erleichtert den Arbeitsalltag für Verwalter und Vermieter erheblich, da physische Dokumentenablagen nicht mehr zwingend notwendig sind.
Anpassungen im Pachtrecht
Im Pachtrecht wird das BEG IV ebenfalls Erleichterungen bringen. So wird bei Landpachtverträgen, die länger als zwei Jahre laufen, künftig Textform anstelle der Schriftform genügen. Dies bedeutet, dass auch solche Vereinbarungen elektronisch abgewickelt werden können. Für Immobilienverwalter, die auch im Bereich landwirtschaftlicher Pacht tätig sind, bedeutet dies eine effizientere Handhabung solcher Verträge. Weitere Änderungen betreffen den Widerspruch gegen Kündigungen oder verkürzte Kündigungsfristen, die ebenfalls nur noch in Textform getroffen werden müssen.
Stimmen aus der Immobilienwirtschaft zum BEG IV
In der Immobilienbranche wird das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz als Schritt in die richtige Richtung gesehen, aber noch nicht als umfassender Durchbruch. Iris Schöberl, Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), begrüßt insbesondere die Möglichkeit, Betriebskostenabrechnungen künftig digital bereitzustellen. Diese Neuerung wird für Vermieter und Verwaltungen gleichermaßen eine deutliche Erleichterung bringen. Auch die verkürzten Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht werden als positiv bewertet. Der ZIA fordert jedoch weitergehende Änderungen, insbesondere eine vollständige Abschaffung des Schriftformerfordernisses für Gewerbemietverträge. Diese Maßnahme war im ursprünglichen Entwurf des Bundesjustizministeriums vorgesehen, wurde jedoch nicht umgesetzt.
Die vollständige Abschaffung der Schriftform könnte insbesondere bei langfristigen Verträgen im Gewerberaummietsektor einen echten Bürokratieabbau bewirken, da Verträge noch flexibler und ohne Umwege per E-Mail abgeschlossen werden könnten. Dennoch bleibt ein gewisser rechtlicher Klärungsbedarf, um die rechtssichere Gestaltung langfristiger Mietverträge zu gewährleisten und sicherzustellen, dass potenzielle Immobilienkäufer einen umfassenden Schutz genießen. Die Unsicherheit darüber, ob das Gesetz in der Praxis den erhofften Nutzen für Mieter und Vermieter bringen wird, besteht weiterhin, da Verträge mit wirtschaftlich bedeutenden Folgen auch zukünftig sorgfältig dokumentiert und gestaltet werden sollten.
Über die Autorin:
Wirtschaftsjuristin Laura Eckert-Rinallo ist seit vielen Jahren in der Immobilienwirtschaft als Referentin, Speakerin sowie Expertin für Makler- und Verwalterfortbildungen bekannt.
Ihre langjährigen praktischen Erfahrungen, die sie in der Rechtsabteilung eines großen Immobilienkonzerns sowie während ihrer Tätigkeit in der Immobilienvermittlung und Immobilienberatung (Eckert-Rinallo Immobilien) sammelt und bereits gesammelt hat, lässt sie regelmäßig in ihre Seminare einfließen und verhilft den Teilnehmenden somit praxisnah durch Wissensvorsprung zum Erfolg. Darüber hinaus ist sie als Dozentin an einer Technischen Hochschule tätig, wo sie, abgesehen von klassischen Vorlesungen, auch umfangreiche immobilienwirtschaftliche Praxisprojekte mit namhaften Unternehmen betreut.
Derzeit promoviert sie parallel im mietrechtlichen Bereich und verfasst für einen Fachverlag ein Buch zum Thema „WEG-Verwaltung“.
2023 war Sie für den renommierten Deutschen Immobilienpreis nominiert.
2024 wurde Sie mit dem MAT-Award der Immobilienbranche ausgezeichnet.
Seit Juni 2024 ist sie Host und Moderatorin der Facebookgruppe „Verwaltersprechstunde“ mit über 1.200 Mitgliedern.
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