Seit dem 1. April 2024 ist der Konsum und Anbau von Cannabis in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen legal. Doch was bedeutet das für Mieter und Vermieter? Dürfen Mieter in ihrer Wohnung Cannabis konsumieren? Welche Rechte haben Nachbarn, wenn sie sich durch den Geruch gestört fühlen? Und unter welchen Umständen kann der Vermieter eine Kündigung aussprechen?
1. Die rechtlichen Grundlagen der Cannabis-Legalisierung
Mit dem neuen Konsumcannabisgesetz (KCanG) ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt. Zudem dürfen volljährige Personen bis zu drei weibliche Cannabispflanzen in ihrer Wohnung anbauen. Der Konsum in der eigenen Wohnung oder auf dem Balkon ist grundsätzlich zulässig, solange keine anderen gesetzlichen Regelungen – etwa zum Jugendschutz oder zum Schutz der Nachbarn – verletzt werden.
Der Konsum von Cannabis in der eigenen Wohnung oder auf dem Balkon ist grundsätzlich erlaubt, vergleichbar mit dem Rauchen von Zigaretten.
Bis zu drei weibliche Cannabispflanzen dürfen in der Wohnung oder auf dem Balkon angebaut werden.
Der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis in der Wohnung ist legal.
Welche Einschränkungen gibt es?
Geruchsbelästigung: Nachbarn müssen übermäßige Geruchsbelästigung nicht hinnehmen
Hausfriedensstörung: Exzessiver Konsum oder Störungen durch Lärm und Belästigungen können mietrechtliche Konsequenzen haben.
Kinderschutz: Cannabis darf nicht in einer Weise konsumiert oder gelagert werden, die den Zugang für Kinder ermöglicht.
Vertragsklauseln: Vermieter können den Konsum in Teilen im Mietvertrag regeln, wenn dies sachlich begründet ist.
2. Sonderfall: Kündigung wegen Cannabiskonsums – Aktuelle Urteile
Auch nach der Legalisierung kann der Konsum von Cannabis in bestimmten Fällen eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. Das zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Brandenburg (Urteil vom 30.04.2024 – 30 C 196/23), in dem ein Mieter nach wiederholten Verstößen gegen den Hausfrieden zur Räumung der Wohnung verurteilt wurde.
Der Sachverhalt zum Urteil:
Der Mieter hatte über Monate hinweg seine Nachbarn durch Lärm, Bedrohungen und Sachbeschädigung tyrannisiert. Zudem konsumierte er Cannabis in seiner Wohnung, wobei der starke Geruch ins Treppenhaus zog und insbesondere minderjährige Nachbarn beeinträchtigte. Das Gericht entschied, dass die fristlose Kündigung des Vermieters gerechtfertigt war, weil:
Die massive Geruchsbelästigung eine erhebliche Störung des Hausfriedens darstellte (§ 543 Abs. 1 BGB, § 569 Abs. 2 BGB).
Die Aufbewahrung und der Besitz von Betäubungsmitteln (14,45 g Amphetamin) einen Verstoß gegen mietvertragliche Obhutspflichten darstellte.
Der Verdacht des Drogenhandels (Bargeldfund, Feinwaage) die Situation noch verschärfte.
Das Urteil zeigt, dass die Legalisierung nicht bedeutet, dass Mieter uneingeschränkt konsumieren dürfen. Sobald der Konsum andere Bewohner beeinträchtigt oder der Verdacht auf strafbare Handlungen besteht, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
3. Rechte und Pflichten von Vermietern
Kann der Vermieter den Cannabiskonsum verbieten?
Nein, grundsätzlich nicht. Die Wohnung ist nach Art. 13 GG unverletzlich, und mit der Legalisierung von Cannabis ist der Konsum nicht mehr strafbar. Ein pauschales Verbot im Mietvertrag dürfte daher unwirksam sein. Denkbar wäre es, Klauseln in den Mietvertrag aufzunehmen, die den Konsum zumindest beschränken. Klauseln, die den Mieter in seinem gesetzlich zulässigen Gebrauch der Wohnung einschränken, dürften in der Regel aber unwirksam sein. Ein Verbot wäre in diesem Zusammenhang aus meiner Sicht mit dem Rauchverbot in Wohnungen vergleichbar. Hier gilt es, wie bei jeder Formularklausel, die Grenzen der AGB-Klauselkontrolle zu berücksichtigen.
Wann kann der Vermieter dennoch einschreiten?
Wenn die Geruchsbelästigung unzumutbar ist: Besonders, wenn der Geruch ins Treppenhaus oder in benachbarte Wohnungen zieht.
Wenn der Jugendschutz gefährdet wird: Der Anbau und Konsum dürfen nicht in einer Weise erfolgen, die Kinder und Jugendliche beeinträchtigt.
Wenn der Mieter gegen andere mietvertragliche Pflichten verstößt: Beispielsweise durch Lärm, aggressives Verhalten oder unsachgemäße Lagerung der Pflanzen.
Können Vermieter eine Kündigung aussprechen?
Ja, unter bestimmten Umständen. Das Urteil des AG Brandenburg zeigt, dass der Cannabiskonsum selbst in der eigenen Wohnung problematisch werden kann, wenn er zu einer erheblichen Beeinträchtigung anderer Mieter führt.
4. Rechte der Nachbarn
Müssen Nachbarn den Geruch von Cannabis dulden?
Nicht zwangsläufig. Auch wenn der Konsum in der Wohnung legal ist, müssen Mieter Rücksicht auf ihre Nachbarn nehmen. Besonders in Mehrfamilienhäusern kann eine starke Geruchsbelästigung zu Konflikten führen.
Kann wegen Cannabisgeruchs die Miete gemindert werden?
Ja, unter Umständen. Wenn der Geruch dauerhaft in die Nachbarwohnung zieht und die Nutzung der Wohnung erheblich beeinträchtigt, könnte eine Mietminderung gerechtfertigt sein. Die genaue Höhe wäre aber eine Einzelfallentscheidung. Auch hier würde ich mich zunächst einmal in Teilen an bereits bestehenden Urteilen zum Thema Rauchen orientieren.
5. Fazit
Die Legalisierung von Cannabis hat viele Fragen im Mietrecht aufgeworfen. Viele davon bleiben meines Erachtens derzeit noch unbeantwortet. Grundsätzlich dürfen Mieter in ihrer Wohnung und auf dem Balkon konsumieren und bis zu drei Pflanzen anbauen. Doch es gibt klare Grenzen:
Eine starke Geruchsbelästigung kann Konsequenzen haben.
Gefährdungen von Mitbewohnern, insbesondere Kindern, sind nicht erlaubt.
Vermieter können nicht pauschal verbieten, aber unter bestimmten Umständen einschreiten.
Nachbarn können sich bei unzumutbaren Beeinträchtigungen wehren.
Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist noch im Entstehen, und zukünftige Urteile werden zeigen, wie weit die Rechte von Mietern, Nachbarn und Vermietern tatsächlich gehen. Fest steht jedoch: Die Legalisierung von Cannabis bedeutet nicht, dass in Mietwohnungen uneingeschränkt konsumiert werden darf.
Ãœber die Autorin:
Wirtschaftsjuristin Laura Eckert-Rinallo ist seit vielen Jahren in der Immobilienwirtschaft als Referentin, Speakerin sowie Expertin für Makler- und Verwalterfortbildungen bekannt.
Ihre langjährigen praktischen Erfahrungen, die sie in der Rechtsabteilung eines großen Immobilienkonzerns sowie während ihrer Tätigkeit in der Immobilienvermittlung und Immobilienberatung (Eckert-Rinallo Immobilien) sammelt und bereits gesammelt hat, lässt sie regelmäßig in ihre Seminare einfließen und verhilft den Teilnehmenden somit praxisnah durch Wissensvorsprung zum Erfolg. Darüber hinaus ist sie als Dozentin an einer Technischen Hochschule tätig, wo sie, abgesehen von klassischen Vorlesungen, auch umfangreiche immobilienwirtschaftliche Praxisprojekte mit namhaften Unternehmen betreut.
Derzeit promoviert sie parallel im mietrechtlichen Bereich und verfasst für einen Fachverlag ein Buch zum Thema „WEG-Verwaltung“.
2023 war Sie für den renommierten Deutschen Immobilienpreis nominiert.
2024 wurde Sie mit dem MAT-Award der Immobilienbranche ausgezeichnet.
Seit Juni 2024 ist sie Host und Moderatorin der Facebookgruppe „Verwaltersprechstunde“ mit über 1.500 Mitgliedern.

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